Die Wirtschaftsdaten für 2023 in Berlin und Brandenburg sehen gut aus – aber nur auf den ersten Blick.
Eine Region ganz oben: 2023 wuchs Berlins Wirtschaft um 1,6 Prozent, Brandenburg legte sogar um 2,1 Prozent zu. Im Bundesvergleich war nur Mecklenburg-Vorpommern mit einer um 3,3 Prozent stärkeren Wirtschaftsleistung besser. Den Bundesschnitt von minus 0,3 Prozent hat die Hauptstadtregion damit weit übertroffen.
Allerdings: Eine kräftige, dynamische Entwicklung hat in Berlin und Brandenburg dennoch nicht stattgefunden. Im Gegenteil: Im Lauf des Jahres schwächte sich die Konjunktur immer weiter ab, die Stimmung der Unternehmen drehte ins Negative.
Das lag an den multiplen Krisen – die Spätfolgen von Corona, die Verunsicherung über die Energiepreise, den Krieg in Europa und die Politik der Bundesregierung. Hinzu kamen die Leitzinsen. Die Europäische Zentralbank hob sie binnen weniger Monate auf 4,5 Prozent an, um die drastisch gestiegene Inflation zu dämpfen. Die Nachfrage geriet unter Druck, und die Wirtschaft verlor deutlich an Schwung. „Das ist ein schwer verdaulicher Cocktail für alle Betriebe“, befand UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck schon auf der Jahrespressekonferenz Ende März.
Die Konjunktur geriet daraufhin von zwei Seiten in die Klemme: Das Umfeld für Investitionen wurde unattraktiver, zugleich zeigten sich in Folge der Inflation deutliche Bremsspuren beim Konsum. Nach vielen Quartalen mit Reallohnverlusten wurden größere Ausgaben erst einmal verschoben.
Stützen vor allem in Berlin waren derweil die unternehmensnahen Dienstleistungen. Hier gab es nach dem heftigen Corona-Einbruch ordentliche Zuwachsraten. Vor allem der Bereich Verkehr und Lager-wesen ist stark gewachsen. Das Tourismusgewerbe blieb dagegen bei der Zahl der Übernachtungen weiter unter der Marke von 2019, als Corona noch keine Rolle spielte.
Das Gastgewerbe, also Beherbergungsgewerbe und Gastronomie, wurde von allen Branchen durch Corona am härtesten getroffen. Die Kundschaft zeigte sich angesichts gestiegener Preise und Reallohnverlusten zurückhaltend beim Konsum. Obendrein wurde die Mehrwertsteuer wieder erhöht. Auch der Handel spürte die allgemeine Kaufzurückhaltung und zudem den Trend zum Online-Einkauf.
Eine sichere Bank beim Wachstum war erneut die Digitalwirtschaft in der Hauptstadt. Äußerst positiv entwickelten sich die Teilbereiche Informationsdienstleistungen, das Verlagswesen und die Informationstechnologie. Zudem sorgten zahlreiche Start-ups und innovative Unternehmen für eine lebhafte Geschäftstätigkeit und steigende Investitionen in der Hauptstadt. Die Industrie spürte dagegen überwiegend Gegenwind, zeitweise waren wieder Lieferengpässe ein bremsender Faktor. Während die Pharmaindustrie im Minus abschloss, verbuchte der Maschinenbau ein Plus.
Der Bau hatte vor allem mit den gestiegenen Zinsen zu kämpfen. In der Folge gerieten die Auftragseingänge unter Druck. Viele Unternehmen sowie das baunahe Handwerk hatten allerdings noch einen beträchtlichen Auftragsbestand aus besseren Tagen abzuarbeiten.
Brandenburg erlebte 2023 eine signifikante wirtschaftliche Transformation, hauptsächlich angetrieben durch den Bau und die Inbetriebnahme des Tesla-Werkes in Grünheide. Dieses Projekt hat nicht nur erhebliche Investitionen in die Region gebracht, sondern auch zahlreiche Zulieferer und Dienstleister angezogen. Es entstanden neue Arbeitsplätze und es kam zu einem wirtschaftlichen Aufschwung in den umliegenden Gebieten. Zudem zeigte sich eine Stärkung des industriellen Sektors insgesamt, da sich weitere Unternehmen in der Nähe ansiedelten, um von der Nähe zu Tesla zu profitieren.
Angesichts der vielen Belastungsfaktoren drehte der Arbeitsmarkt in Berlin und Brandenburg allmählich Richtung Süden. Nach langen Jahren mit einem starken Beschäftigungsplus und rückläufiger Arbeitslosigkeit ging die Dynamik mehr und mehr verloren, Berlin musste den bundesweiten Spitzenplatz in dieser Kategorie an Hamburg abgeben. Beschäftigungstreiber sind wissenschaftliche und technische Dienstleistungen, der Sozialbereich, das Gastgewerbe sowie Informatik und Kommunikation.
In Brandenburg war die Entwicklung etwas stabiler, der Fokus lag stärker auf industriellen Arbeitsplätzen. Der Bau des Tesla-Werkes führte zu einer erheblichen Zahl neuer Arbeitsplätze und einer sinkenden Arbeitslosenquote. Es wurden sowohl hochqualifizierte Fachkräfte als auch Arbeitskräfte für einfachere Tätigkeiten eingestellt.
Zugleich gestaltet sich die Suche nach Fachkräften weiterhin schwierig. Nahezu 50.000 Stellen können in der Region nicht besetzt werden, Vakanzen gibt es in fast allen Branchen.
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